Moin !
Ich hab da was gefunden, was ganz interessant fürs Archiv sein könnte.
Bevor das irgendwann im Datennirvana verschwindet, sollten wir es evtl. hier im Archiv aufnehmen.
'Die Runde Sache'
In einer pompösen Trilogie stellt ihnen der Reitwagen die Winteraufgabe des Jahres. Bis zu 58 PS warten in den Honda-Singles mit Radialkopf auf den Dornröschenkuß. Bringen Sie Ihre Garage auf Betriebstemperatur und lesen Sie sich vorsichtig ein. Im ersten Teil geht´s um Köpfe, Kolben, Nocken, Ventile und die Chance, mit einem einzigen Handgriff teure Kraftspender in harmlosen Schrott zu verwandeln.
Man Weiß, daß es kaum ein Honda-Enduro gibt, die Ihrem Besitzer ungeschoren und serienmäßig entkommt. Aber hätten Sie geahnt, daß XL- und XR-Singles der neueren Generation eine Fundgrube sind, in der entschlossene Frisierer erfrischende Hubraum-Cocktails mit bis zu 642 ccm mixen? Damit Sie sich in der Modell-Landschaft der Honda-Radialmotoren, die ab 1983 die Einzylinder mit parallel geführten Ventilen langsam verdrängten, zurechtfinden, hier der erste Wegweiser Richtung Leistung:
Der beste Zylinder, die beste Kurbelwelle, der beste Kopf.
Am Anfang der RFVC-Motoren steht die Honda XR 500 R Modell´83, deren Antrieb mit einem Verhältnis zwischen Bohrung und Hub von 92 x 75 mm extrem kurzhubig ausgelegt war. Noch im selben Jahr ließ Honda eine XL 600 R mit dem neuen Radialkopf erscheinen. Ihr Motor war eine auf 100 mm aufgebohrte Variante des XR Motors.
Durch die extreme Kurzhubigkeit des 600ers hatte sich Honda allerdings eine gelegentlich bemängelte Durchzugsschwäche eingehandelt, die mit der 85er-Generation ausgemerzt werden sollte. Der Motor der XL 600 R verfügte nun über ein Bohrung-Hub-Verhältnis von 97 mm zu 80 mm. Für den Tuner ergibt sich also eine Reihe von Kombinationsmöglichkeiten von Motorteilen verschiedener Honda-Modelle, wie sie sonst bei Serieneinzylindern nicht zu finden ist. Wir haben die XL- und XR-Variationen in einer Tabelle zusammengefaßt.
BILD BILD BILD BILD BILD BILD BILD (Seite 49 Tabelle)
Beachten Sie dabei die variierenden Pleuelaugen-Durchmesser. Das 22-mm-Auge ist am 500er bis zum Modell 85 zu finden und wurde 1986 an das 600er-Standardmaß von 24 mm angepaßt.
Was man zur richtigen Kopf-Wahl noch wissen sollte: Basis für alle weiteren Entwicklungen blieb zunächst der Kopf der XR 500 R, Modell 83, in den bei der 600er-Ausführung ein Dekompressionsventil eingesetzt wurde. Bis zum Modell 85 blieb es auch im 600er bei der Brennraumform des 500ers. Erst ´86 paßte man den Kopf an die Zylinderbohrung von 92 auf 97 mm an. Außerdem hat man den 600er-Köpfen der Baujahre ´85 und ´86 die Kanäle verkleinert und das Reedventil im Verbindungskanal zur Vergaserumstellung weggelassen.
Wenn Sie aufs Ganze gehen: 642 ccm!
Obwohl alle weiteren Schritte bei anderen XL- und XR-Modellen ähnlich verlaufen, entscheiden wir uns für einen neuen 600er-Motor als Modell ´85/´86, und für den Kopf des 83er XR 500 R-Modells. Unser Bohrung-Hub-Verhältnis lautet also jetzt 100 x 80 mm. Falls Sie es beim Serienkolben bleiben lassen, was bautechnisch kein Problem wäre, sind alle weiteren Frisuren riskant. Wiseco bietet für die Honda geschmiedete 100-mm-Kolben an.
Wenn Sie die Bohrung Ihrer Honda auf 101 mm erhöhen, wird das Kolbenangebot plötzlich breiter. Dann finden Sie nämlich im Chevrolet Smallblock-Motor mit 350 cuicinch Unmengen von Kolben (acht pro Motor), die exakt in Ihre Honda passen. Vergessen Sie aber die Chevy-Originalkolben, die in jedem Camaro, Van und Blazer stecken. Sie brechen unter hohem Druck wie Butterkeks. Was uns rettet: Der Chevy-Smallblock ist die am häufigsten im US-Autorennsport verwendete Maschine. Dementsprechend groß und günstig ist das Angebot an Schmiedekolben, die überraschenderweise auch vom Bolzendurchmesser her für die Honda wie geschaffen sind.
Schauen Sie sich in Deutschland oder auch in Holland, falls Sie eine Reise dorthin führt, nach den Tuningkolben für Chevys um.
Sie können aber auch in Österreich einen 101-mm-Schmiedekolben ordern. Ebenso wie das 100-mm-Stück kommt auch er von Wiseco und ebenso wie alle Schmiedekolben für den Chevy-Motor besorgen auch Wiseco-Kolben dem Hondamotor tierische Verdichtungsverhältnisse. Die aus dem Flattrack-Sport stammenden Wiseco-Produkte verdichten beispielweise 12,5:1, was bei allem Engagement ein starkes Stück ist.
Chevrolet-Kolben sind die Rettung, aber verdichten zu hoch.
Die Kolbenbearbeitung ist kein großes Problem.
Montieren Sie zunächst den Kolben ohne Kolbenringe und Kolbensicherung am Pleuel. Setzen Sie dann den Zylinder auf. (Wenn Sie jetzt einen hohen schwarzen Hut aufhaben, dann reicht Ihr technisches Verständnis nicht für die weiteren Tuningschritte aus.) Die Fußdichtung darf dabei nicht weggelassen werden.
Zeichnen Sie nun am Kolben mit einem spitzen Gegenstand den oberen Zylinderrand ein. Nachdem Sie Zylinder und Kolben wieder demontiert haben, wird der Kolben bis zum eingezeichneten Maß von oben her plan abgedreht. Sollten dabei die Ventiltaschen unter 1,8mm schrumpfen, müssen sie nachgefräst werden.
Nun montieren Sie wieder die Fußdichtung, anschließend die Kolbenringe, die jeweils mit dem Buchstaben "N" gekennzeichnet sind. Das "N" zeigt die Oberseite des Ringes an. Verdrehen Sie die Ringe so, daß kein Ringstoß über dem andern liegt. Montieren Sie den Kolben mit Bolzen und Sicherungen und anschließend mit gebotener Vorsicht den Zylinder.
Wenn Sie jetzt den Koben auf OT stellen, so sollte er exakt mit dem oberen Zylinderrand abschließen. Das Kolbenspiel sollte übrigens zumindest 0,08 mm betragen. Warum so viel, fragen Sie? Sie werden sich wundern, wenn Sie den Koben enger einpassen, antworten wir.
Standardtuning am Zylinderkopf: Vorsicht ist die Mutter der Kanäle.
Wenden wir uns der Kopfarbeit zu. Kennzeichnen Sie die Ventile, ehe Sie sie demontieren, damit sie wieder dorthin kommen, woher Sie sie genommen haben. Passen Sie mit dem Fräser den Kanal an den Vergaserquerschnitt an. Der Kanalquerschnitt sollte aber nicht über 32,8 mm erweitert werden. Halten Sie sich möglichst genau an unsere Arbeitsskiszze. Bohren Sie den schraffiert eingezeichneten Teil der Ventilführung ab und verschleifen Sie ihn verlaufend. Das engschraffierte Feld, mit "N" gekennzeichnet, sollte so aufgeschweißt oder mit benzinfestem Zweikomponenten-Kleber aufeklebt werden und auf das beschriebene Maß hin bearbeitet werden - eine Fleißaufgabe für minutiöse Leistungssucher, ebenso wie das regelmäßig wiederholte Ventileinschleifen nach rund 20 Betriebsstunden und das Polieren von Kanälen und Brennraum.
An den Auslaßkanälen wird nichts gefräst. Gleich Sie Kanten aus, glätten Sie Gußfehler und passen Sie Querschnitte an.
Nockenwellen: gute Serie, besseres Mugen-Produkt, verrückte Flattrack-Nocke.
Bei der Nockenwellen-Wahl brauchen wir uns um die Ventilfedern und Federteller nicht zu kümmern, was die Sache billiger macht. Die Originalteile lassen sich auch in Kombination mit der Mugenwelle weiterverwenden. Wir würden allerdings Federn aus dem XR 600 R-Modell ab ´85 bevorzugen, da diese durchschnittlich etwas härter sind, als bei den Motoren davor. Die Seriennocke bleibt ebenfalls ein guter Griff mit folgenden Steuerzeiten:
Einlaß öffnet 5° vor OT
schließt 40° nach UT
Auslaß öffnet 5° vor UT
schließt 45° nach OT
Seriennocke und die Tuningnocke von Mugen verfügen über nahezu denselben Ventilhub. Die Mugenwelle steuert aber erheblich straffer mit 35°/65° am Einlaß und 62°/33° am Auslaß.
Irgendwo in den Staaten geistert auch eine Flattrack-Welle mit aus dem Serienprodukt umgeschliffenen Grundkreis und 11,4 mm Ventilhub, die jedem XL- und XR-Motor nach spätestens einem Rennen ein häßliches Ende bereiten.
Sowohl bei der Serien- als auch bei der Mugennocke überleben die Ventile hohe Drehzahlen, solange das Verdichtungsverhältnis nicht über 10:1 hinauswächst.
Hier ist Ihr 650er, aber laufen lernt er erst in der kommenden RW.Ausgabe. Sie bringt:
* Vergasertuning
* Auspufftuning
* Getriebe- und Kupplungsmodifikationen
* Die richtige Übersetzung
* Vorsichtsmaßnahmen vor dem Betrieb